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August 2018

Fahrzeug-Crashtests ohne Crash

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Der Autoabsatz ist in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen. Heute gibt es auf unseren Straßen mehr Autos als je zuvor. Dieses Wachstum hat ebenfalls zu einem Anstieg der Anzahl von Unfällen geführt. Um diesem Trend entgegenzuwirken, haben Automobilhersteller eine Vielzahl von fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (dt. FAS, engl. ADAS) entwickelt. Diese können während eines Notfalls die Kontrolle eines Fahrzeuges übernehmen und Maßnahmen ergreifen, um eine Kollision zu verhindern.

Zu den Technologien gehört zum einen ein Radar zur Überwachung des Querverkehrs, welches die Aufgaben wie Notbremsen, Warnung vor Frontalzusammenstößen und Spurverlassen übernimmt. Mit dem gleichen Gerät werden aber auch Informationen über tote Winkel bei der Zusammenführung von Zufahrtsstraßen und sogar automatische Fernlichtunterstützung bei Nachtfahrten ausgewertet. Auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die zunehmend auf autonome Fahrzeuge der einen oder anderen Art angewiesen ist, wird es immer wichtiger, eingebauten Sicherheitssystemen im Notfall vertrauen zu können. Ältere Innovationen wie Antiblockiersysteme (ABS) und elektronische Stabilitätsregelungen (ESC), die noch vor wenigen Jahren selten waren, sind heute an der Tagesordnung. 

Beim Testen neuer Autos im Vorfeld der Einführung der letzten Serienmodelle müssen die Automobilhersteller in hunderten von Stunden mit fahrerlosen Prüfroutinen auf geschlossenen Teststrecken neue Fahrzeuge auf Herz und Nieren prüfen.

Um dies zu erreichen, wenden sie sich an spezialisierte Unternehmen wie AB Dynamics. Mit der Technologie von AB Dynamics können Autohersteller Fahrerassistenzsystemen entwickeln und testen, ohne dass das Testfahrzeug beschädigt wird. Eine der neuesten Innovationen in der Fahrzeugprüfung ist diejenige des „Guided Soft Target“ (GST). Das „Guided Soft Target“ ist ein „steuerbares Hindernis“, das für das Testfahrzeug wie ein anderes Auto aussieht. Die selbstfahrende Plattform trägt ein weiches Fahrzeug-Target (Soft Car 360), das aerodynamisch stabil ist, sich jedoch beim Aufprall leicht in Teile auflösen kann und so eine Beschädigung des Testfahrzeugs vermeidet. Das Fahrzeugtarget Soft Car 360 lässt sich in weniger als 10 Minuten ohne Werkzeug zusammenbauen. Leichtgewichtige, aber haltbare Schaumstoffplatten mit Vinylabdeckung bilden den Aufbau, der von einer fotorealistischen Haut bedeckt wird. Mit einer Kombination aus fotorealistischer Außenhaut und integrierter Radarreflektion wurde der „Soft Car 360 Aufbau“ umfassend von AB Dynamics und deren Kunden getestet, um sicherzustellen, dass es von „FAS“-Sensoren als echtes Fahrzeug erkannt wird.

Die Richtungssteuerung der GST erfolgt über ein On-Board-Motion-Pack, ein geschlossenes Trägheitsnavigationsgerät mit eingebauter GPS-Korrektur, gekoppelt an einen Lenkaktuator, der die Vorderräder steuert. Aufgrund der hohen Anforderungen an den sehr begrenzten Platz innerhalb der GST wurde schon früh im Designprozess klar, dass das Motion Pack im selben Fahrzeugraum untergebracht werden muss wie der Lenkaktuator. Daher darf der Aktuator nicht länger als 125 mm sein. Gleichzeitig muss dieser Aktuator ein ausreichendes Drehmoment bereitstellen, um die Räder bei Stillstand des Fahrzeugs drehen zu können.

Um dieses Ziel zu erreichen, wandte sich AB Dynamics an den die Harmonic Drive® Gruppe. "Die Kriterien, die wir der Harmonic Drive AG gaben, konzentrierten sich auf vier Schlüsselmerkmale: Größe, Gewicht, Lebensdauer und Präzision", erklärt Colin Martin, Leiter des mechanischen Designs bei AB Dynamics. „Der Aktuator“ (= „Motorgetriebeeinheit“) muss kompakt genug sein, um vor das Bewegungspaket zu passen, ohne eine Änderung der Abmessungen des GST Profils zu bewirken. Die beengten Platzverhältnisse sind besonders herausfordernd, weil sich die Nase des GST an der Front zu einer schrägen Keilform verjüngt und die Vorderräder im Fahrzeug zwangsläufig ziemlich weit vorne platziert sind. Diese Faktoren begrenzen den Getriebedurchmesser auf etwa 66mm. Um ein ausreichendes Drehmoment liefern zu können, war ein Antrieb mit hoher Leistungsdichte unerlässlich. Darüber hinaus unterliegt die GST hohen Beschleunigungskräften und allen Umweltbedingungen, einschließlich Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und dem Kontakt mit Streusalz. Das Motion Pack musste demnach so aufgebaut sein, dass es große Temperaturschwankungen bewältigt, zeitgleich für die inneren Bauteile „IP“- geschützt ist und auch bestmöglichen Korrosionsschutz gegen z.B. Streusalz gewährleistet.

Für das On-Board-Motion-Pack kommen im Aktuator kundenspezifisch angepasste Units der Baureihe CobaltLine® zum Einsatz. Die Units weisen als Standardprodukt ein hohes Drehmoment auf und sind bei Umgebungstemperaturen von -40 bis 90 °C einsetzbar. Für AB Dynamics wurde die Unit den Abmessungen und Drehmoment-Anforderungen entsprechend angepasst. Die resultierende Unit hat eine Länge von nur 119 mm, einen Durchmesser von 64 mm und ein Gewicht von 1,8 kg.

Die Baureihe ist mit Übersetzungen zwischen i=50:1 und i= 160:1 erhältlich und bietet wiederholbare Spitzendrehmomente von 23 bis 841 Nm sowie eine Leistungsdichte von bis zu 545 Nm/kg.