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September 2017

Project MARCH will das Leben von Rollstuhlfahrern verändern

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Ein schlimmer Motorradunfall, der Aufprall, wenige Sekunden später war Ruben de Sain klar, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Er konnte seine Beine nicht mehr bewegen. Wenig später teilten ihm die Ärzte mit, dass er aufgrund einer Rückenmarksverletzung wohl nie wieder laufen könne. Der Unfall ist nun zwölf Jahre her. Seine Lebensfreude verlor er nie, jedoch begleitete ihn der Wunsch, wieder laufen zu können, jeden Tag. Vor zwei Jahren begann er ein spezielles Rehabilitationsprogramm an der Sint Maartenskliniek, wo ein kommerzielles Exoskelett zur Therapie eingesetzt wird. Ein Exoskelett ist eine Art Roboteranzug, der die Teil- oder Vollfunktion der Beine übernehmen kann. Das Programm dauerte zehn Wochen, in denen Ruben endlich wieder laufen konnte. Doch das Exoskelett musste er dort lassen und ging nach Hause, ohne die Chance dieses Gefühl erneut erleben zu dürfen.
 
Für die Anschaffung eines eigenen Exoskeletts, welches um die 85.000 Euro kostet, reichte das Geld nicht. Doch Ruben wollte nicht aufgeben und gründete eine Crowdfunding Kampagne, in der er seine Geschichte erzählte und um Spenden bat. Innerhalb von einer Woche war die Summe zusammen und so bekam Ruben seine neugewonnene Freiheit zurück.
 
An der Sint Maartenskliniek lernte Ruben auch die Teammitglieder des Project MARCHS kennen. Das Project MARCH umfasst die Vision, dass Leben von Rollstuhlfahrern zu verändern. Studenten aus verschiedenen Studiengängen und Jahren der Delft University of Technology, Niederlande, unterbrechen freiwillig ihr Studium für ein Jahr, um als Team eine große Herausforderung anzunehmen: Entwurf und Bau eines Exoskeletts. Zu diesem Zweck benötigen die Studenten einen Piloten, jemanden, der das Exoskelett für das Team unter echten Bedingungen testen kann. Ruben war sofort begeistert und ist der Exoskelett-Pilot für das Jahr 2016/2017.

Teamchef Donald Dingemanse: „Einfache tägliche Aktivitäten wie Aufstehen oder Treppen steigen, werden plötzlich zu einer großen Herausforderung, wenn man im Rollstuhl sitzt. Exoskelette können diese Mobilität zurückgeben und ermöglichen den beeinträchtigten Personen hinzugehen, wohin sie wollen – ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein.“ Darüber hinaus verbessert sich die Gesundheit deutlich: Knochen und Muskeln werden stärker, das Risiko einer Thrombose reduziert sich, die Darmfunktion verbessert sich, um nur einige Beispiele zu nennen. „Und es gibt auch einen sozialen Aspekt", erklärt Donald, „indem sie aufstehen, sind sie in der Lage, mit Freunden und Familie auf Augenhöhe zu kommunizieren, anstatt von unten hinauf zu sehen. Durch den Beitrag zur Forschung und Entwicklung von Exoskeletten hoffen wir, dieser bevorstehenden Technologie einen zusätzlichen Schub zu geben." Die Vision von Project MARCH gibt den Paraplegikern ihre volle Mobilität zurück und lässt sie am Alltag auf natürliche Weise teilnehmen.

Zusammenarbeit mit der Harmonic Drive AG

„Als ich die Anfrage des Project MARCH Teams erhielt, war für uns sofort klar, dass ein so zukunftsträchtiges und humanitäres Projekt – welches darauf abzielt, beeinträchtigten Personen ein besseres Leben zu ermöglichen - unterstützt werden sollte. Nach kurzer Rücksprache mit der Gesamtvertriebsleitung gab es grünes Licht und wir konnten weitere Details besprechen“, so Tim Schmidt Vertriebsingenieur Sonderumgebungen. „Nach einigen Gesprächen zu den Anforderungen an unsere Getriebe entschieden wir uns für einen Einbausatz der Baureihe CSD, der sich durch eine besonders geringe Baulänge und geringes Gewicht auszeichnet und somit optimal für das Exoskelett geeignet ist.“

Cybathlon Experience

Das Team von Project MARCH hofft das Exoskelett Ende des Jahres in Düsseldorf während der Cybathlon Experience auf der Rehacare (04. bis 07. Oktober 2017) in Düsseldorf vorstellen zu dürfen. Die Cybathlon ist ein Wettbewerb für Para-Athleten, in denen kommerzielle und akademische Teams mit einem Exoskelett konkurrieren, um die vier Hindernisse des Wettbewerbs so schnell wie möglich und mindestens innerhalb von acht Minuten zu absolvieren. Das Ziel des Projekts MARCH 2016/2017 ist daher die Entwicklung und der Bau eines Exoskeletts für Paraplegiker, die die vier Hindernisse der Cybathlon Experience innerhalb von acht Minuten absolvieren können. Die Hindernisse sind den Herausforderungen des alltäglichen Lebens eines Rollstuhlfahrers nachempfunden. Aufstehen aus einem tiefen Sofa, einen Abhang hinauf und hinunter gehen, über unwegsames Gelände laufen und Treppen steigen. Die Cybathlon Experience ist ein Spin-off des Cybathlons, der alle vier Jahre in Zürich stattfindet, genauso wie bei den Olympischen Spielen. Die im Jahr 2016 gegründete Cybathlon-Organisation zielt darauf ab, Barrieren zwischen der Öffentlichkeit, Menschen mit Behinderungen und Technologieentwicklern durch die Organisation von einzigartigen Wettbewerben zu brechen. Die Wettkämpfe werden als öffentliches Ereignis organisiert, in dem Menschen mit Behinderungen oder körperlichen Schwächen in mehreren Disziplinen gegeneinander antreten, unterstützt durch die neuesten Hilfsmittel einschließlich Robotertechnologien.

MARCH II

Im September 2016 begann die Mannschaft mit dem Exoskelett MARCH II. Das Team besteht aus fünfzehn Vollzeit- und sechszehn Teilzeitbeschäftigten aus über zwölf Studiengängen und sieben verschiedenen Ländern. Mit Hilfe des alten Teams wurde das alte Design ausgewertet und entschieden, wo Verbesserungen nötig sind und wo nahtlos angeknüpft werden kann. Der MARCH II hat vier betätigte Gelenke, zwei für die Hüftbeugung und zwei für die Knie.

Gemeinsames Design

Mit den Cybathlon-Hindernissen hat das sogenannte "Joint Team" begonnen an einem komplett neuen Antriebssystem zu arbeiten. Beim Aufstehen und Treppensteigen sollten die Knie und die Hüfte ein hohes Drehmoment liefern, sodass ein belastbares Design benötigt wurde. Ebenfalls bestand die Anforderung an die Kompaktheit des Exoskelettes, da dieses den Benutzer in keiner Weise behindern sollte. Die größte Schwierigkeit innerhalb der Konstruktion lag in der hohen Bewegungsfreiheit, da die hohen Drehmomente in den Extremitäten sowohl in der Flexion, als auch in der Verlängerung der Gelenke erforderlich waren.

Xander van der Geest, einer der Maschinenbauer, die an der gemeinsamen Konstruktion arbeiten: „Wir haben die Berechnungen auf viele verschiedene Optionen ausgelegt: Planetengetriebe, Kurbelschiebersysteme, Schneckengetriebe und vieles mehr. Schließlich erwies sich der Einbausatz der Baureihe CSD der Harmonic Drive AG als die beste Option für unser gemeinsames Design." Die kurze Baulänge des Einbausatzes CSD ermöglicht ein sehr schlankes Design und dank einem Übersetzungsverhältnis von 1: 100 werden die für die Hindernisse erforderlichen hohen Drehmomente erreicht. Da das Harmonic Drive® Getriebe kein Spiel aufweist und das Übersetzungsverhältnis über den gesamten Bewegungsbereich konstant ist, ergibt sich hier der nächste Vorteil. „Daraufhin haben wir weitere Herausforderungen angenommen, andere Komponenten ausgewählt und benutzerdefinierte Teile entworfen", erklärt Xander. 

Um die Gelenkwinkel und die Kommutierung des Motors auszulesen, werden zwei Absolutwertgeber verwendet. Präzision ist der Schlüssel, wenn die verschiedenen Teile der Encoder auch nur um 0,1 mm verlegt werden, ist das Signal fehlerhaft. Gleiches gilt für den Harmonic Drive® Einbausatz. Es gab nicht genug Platz für eine Oldham Kupplung, sodass die empfohlenen Wellentoleranzen ziemlich eng sind. „Ohne vorherige praktische Erfahrung war das gemeinsame Design sehr anspruchsvoll, aber auch eine großartige Gelegenheit, mehr über die praktische Seite des Maschinenbaus zu erfahren."

Multidisziplinäres Team

Während die Maschinenbauer an der Antriebstechnik arbeiteten, hat das Team mehrere Abteilungen, die sich um andere Teile des Exoskeletts kümmerten. Auf diese Weise entwarf und produzierte das Electrical Department die kundenspezifische Elektronik, die Frame-Abteilung entwarf den ganzen Rahmen des Exoskeletts und die Software & Control-Abteilung schrieb die Software für die Schrittmuster, die das Exoskelett ausführen muss. Die Nicht-Tech-Abteilung ist für alle nicht-technischen Aspekte des Projekts verantwortlich, wie beispielsweise PR, Akquisition und Finanzen. Damit ist das Projekt MARCH ein multidisziplinäres Team in vielerlei Hinsicht.

 

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